Konzertfotografie Hannover

Udo Jürgens in Hannover: Konzertfotografie aus nächster Nähe

Udo Jürgens in Hannover 2014 – ZAG-Arena

Ein Konzert, das bleibt

Udo Jürgens in Hannover 2014

Am 25. November spielte Udo Jürgens in Hannover 2014 in der ausverkauften ZAG-Arena. Für mich war es eines der ersten großen Konzerte, die ich damals für mein Online-Magazin fotografierte. Ich hatte einige Monate zuvor, im Juli 2014, mit der Konzertfotografie begonnen. Die Arbeit war in dieser Phase noch geprägt von Beobachtung, Konzentration und dem Versuch, klare Entscheidungen bewusst und ohne Routine zu treffen.

Ich hatte Udo Jürgens zuvor über viele Jahre hinweg immer gemeinsam mit meiner Mutter live erlebt. Im Kuppelsaal Hannover, in der damaligen Stadionsporthalle, in der Arena auf der EXPO Plaza, mit großem Orchester in den Herrenhäuser Gärten oder solo am Klavier auf dem Gendarmenmarkt in Berlin. Diese Konzerte hinterließen keine Wiederholungsmuster. Sie standen jeweils für sich, ohne sich gegenseitig zu kopieren oder zu variieren.

Auch an diesem Abend war meine Mutter wieder dabei, jedoch auf der Tribüne. Der Unterschied lag nicht in der Musik, nicht im Rahmen, sondern darin, wo ich stand und wie ich den Abend wahrnahm. Zum ersten Mal nicht als Teil des Publikums, sondern als jemand, der dokumentiert. Die räumliche Nähe zur Bühne eröffnete eine völlig andere Wahrnehmung derselben Situation. So nah wie an diesem Abend war ich ihm zuvor nie, und danach nie wieder.

Fotografieren direkt vor der Bühne

Einen Bühnengraben gab es nicht. Wir standen direkt vor der Bühne, unmittelbar vor dem bestuhlten Innenraum. Die Sitzplätze bewirkten, dass die Sichtlinien des Publikums von vornherein fixiert und nicht flexibel waren. Das bedeutete, dass jede Bewegung vor der Bühne bewusst gesetzt werden musste. Es ging darum, Position zu halten, ohne aufzuhalten. Die Fotografie musste leise funktionieren. Keine überzogenen Gesten, kein unnötiges Hin- und Her. Die Arbeit war dadurch konzentriert und präzise.

Kurz vor Konzertbeginn gab es eine klare und sachliche Einweisung durch den Manager von Udo Jürgens. Es wurde nicht allgemein erklärt, dass man „drei Songs fotografieren darf“, sondern konkret, in welchen Momenten Einblicke entstehen, welche Bewegungsabläufe stattfinden und wie sich die Bühne sinnvoll lesen lässt. Es war eine selten klare Form der Orientierung. Das ermöglichte es, die Kamera reduziert, kontrolliert und gezielt einzusetzen, statt impulsiv zu reagieren.

Die Bühne selbst war schlicht. Der Flügel stand im Zentrum und bestimmte die visuellen Achsen des Abends. Die Lichtführung war ruhig, ohne übertriebene Effekte, keine künstliche Dramatisierung. Die Wirkung lag ausschließlich in der Präsenz und der Haltung des Künstlers. Für die Fotografie bedeutete das, dass Motive nicht „entstehen gemacht“ wurden, sondern vorhanden waren. Man musste sie sehen, nicht erzeugen.

Udo Jürgens in Hannover 2014 wirkte auf der Bühne kontrolliert, konzentriert und erfahren. Seine Bewegungen waren klar, nicht hektisch, nicht abrupt, sondern berechenbar im besten Sinne. Die Fotografie folgte diesem Rhythmus. Sie musste nicht jagen, sondern beobachten und im richtigen Moment auslösen. Genau das machte den Abend in dieser frühen Phase der eigenen fotografischen Arbeit prägend.

Der Abend im Rückblick

Vier Wochen später, am 21. Dezember 2014, verstarb Udo Jürgens unerwartet. Erst dieser Zeitpunkt verlieh dem Abend in Hannover seine endgültige Kontur. Während der Show war es ein regulärer Termin innerhalb einer laufenden Tour. Rückblickend war es der letzte Auftritt, den ich von ihm sah und fotografierte. Der Abend ordnete sich dadurch nachträglich ein, nicht im Moment selbst.

Wien, Juni 2015

Im Juni 2015 führte mich die Reise zum Nova Rock Festival über Wien. Am Zentralfriedhof besuchte ich das Grab von Udo Jürgens, gestaltet als weißer Marmorflügel. Die Situation war ruhig, sachlich und gleichzeitig deutlich spürbar. Die Erinnerungen an die vielen gemeinsamen Konzertabende mit meiner Mutter standen dort klar vor mir.

Gleichzeitig ordnete sich der Abend mit der Kamera in der ZAG-Arena hier endgültig ein: das erste Mal nah an der Bühne, das letzte Mal überhaupt. Kein inszenierter Abschied, sondern ein leiser Moment von Ernst, Präsenz und Bewusstsein. Die Bilder von diesem Abend sind die letzten Aufnahmen, die ich von ihm gemacht habe, und sie tragen genau diese Klarheit in sich.

Warum dieser Abend bleibt

Dieses Konzert von Udo Jürgens in Hannover 2014 bleibt, weil es eine klare Markierung in der eigenen Entwicklung setzt. Es war eine frühe Phase der Konzertfotografie, in der nicht Routine arbeitete, sondern Aufmerksamkeit. Es war zugleich der letzte Moment mit einem Künstler, mit dem viele Jahre gemeinsamen Konzertbesuchens verbunden waren.

Und es bleiben Bilder, die nicht künstlich wirken, nicht erzeugt, sondern gesehen wurden.

Sie dokumentieren einen Abend, wie er war: ruhig, konzentriert, nah.Genau deshalb bleibt er.

Udo Jürgens in Hannover 2014